Unsere Welt verändert sich gerade rasend schnell und wir wissen nicht was kommt, umso mehr möchte ich die tollen Erlebnisse hier festhalten und euch daran teilhaben lassen. Deshalb habe ich einen recht ausführlichen Bericht über den diesjährigen Finnmarkslopet geschrieben:

Die Anreise und die Vorbereitungen zum Start verliefen unproblematisch. Fertigpacken der Depotsäcke, Ablieferung der Säcke, Vetcheck, Kontrolle der Impfpässe, Mushermeeting und Eröffnungszeremonie standen auf dem Programm.

Die Eröffnungszeremonie wird mir besonders in Erinnerung bleiben, wann steht man schon mal ein paar Meter vom norwegischen Kronprinz Haakon entfernt und blickt von der Bühne auf eine riesige Zuschauermenge!

Am Freitag nutzten wir die freie Zeit um die Hunde zu bewegen, den Schlitten zu packen, uns auszuruhen und um abends den Start der 1200 er anzuschauen.

 

Ich hatte eine gute Startnummer bekommen, die 114, worüber ich mich sehr gefreut hatte. Früh starten zu dürfen hat Vorteile, die Spur ist besser, beim Zeitausgleich kann man mehr Pause machen und unterwegs ist weniger los, man muss nicht so viel überholen. Aber trotzdem erlebten wir vor dem Start noch eine Zeitdehnung, alles war fertig vorbereitet und wir warteten und warteten. Die Minuten zogen sich ins Unendliche bis es endlich losging.

 

 

 

 

Der Start mit acht Hunden ist sehr viel relaxter als mit 14 Hunden und ich genoss die Fahrt durch die Menschenmenge. Die erste Etappe lies ich  locker angehen, es war sehr warm und die Hunde durften deshalb oft anhalten und Schnee fressen. Nur kein Stress war das Motto. Wir passierten ein paar Teams ohne Probleme und wurden von einigen überholt. Nena und Patti waren im Lead, Campino und Jupp im Wheel, Snoop und Inga davor und Blondie und Courtney im Swing hinter den Leadern. Bald ging der Anstieg hoch ins Fjäll hoch. Mit acht Hunden kam mir der Anstieg sehr viel anstrengender vor als 2018 mit 14 Hunden.  Oben wurden wir dafür mit einer wunderbaren Abendstimmung belohnt. Ich fand es jetzt einfach nur toll mit den Hunden durch die fantastische Landschaft zu fahren und genoss jede Sekunde.

Die Abfahrt zum Checkpoint Masi war wahnsinnig steil, aber viele Helfer waren hier im Einsatz um den Trail von den Bremsgräben zu befreien, ein großes Lob an dieser Stelle an die Organisation!

Die Stimmung im Checkpoint war gut, die Hunde nahmen  Wasser und Fleisch zu sich und Profi Nena war besonders hungrig. Man konnte in ein Gebäude mit Toiletten gehen und sich dort im Flur ein wenig ausruhen.

Nach drei Stunden lichtete ich wieder den Anker und weiter ging es nach Kautokeino. Die Nacht zog sich jetzt etwas und im Morgengrauen erreichten wir Kautokeino. Nena und die Mafia hatten einen guten Appetit im Checkpoint, aber Inga, Jupp, Campino und Snoop schauten mich gelangweilt an als ich mit Futter ankam. Nach einer ausgiebigen Schlafpause konnte ich sie zu ein paar Snacks überreden und wir starteten los nach Jergul.

Dies war eine wunderschöne Etappe, alles bei Tageslicht. Es ging meistens am Fluss entlang und oft wurden Flussbiegungen über kleine Hügel abgekürzt. Wir waren eine kleine Gruppe von 6 Gespannen, die ungefähr das gleiche Tempo hatten. Unterbrochen von regelmäßigen Snackpausen war es ein entspanntes Cruisen, vorbei an Suossjavri, dem Checkpoint der Junioren und weiter entlang der grandiosen Kulisse des zugefrorenen Flusses.

 

 

 

 

In Jergul konnte ich mich richtig gut ausruhen, musste aber eine Stunde länger Pause machen, weil Jupp und Snoop erst nichts gefressen hatten. Lag es vielleicht an der Wärme oder an Nenas Läufigkeit, ich weiss es nicht. Hartgekochte Eier und meine Geheimwaffe Köttbullar schafften es den Appetit wieder soweit anzuregen, dass sie zumindest etwas fressen konnten.

Jetzt stand die Königsetappe, die 130 km bis Levajok auf dem Programm. Die ersten 50 km auf dem Fluss waren easy und schnell, dann bogen wir in Karasjok ab und es ging den Berg hoch in den Wald und später über baumlose Hügel. Bis jetzt waren alle Anstiege gemäßigt und die Spur gut. Schließlich kam eine Abfahrt und wir waren in dem Gebiet, in dem letztes Jahr der Checkpoint Valijok war. Jetzt begann es brutal zu schneien und die Sicht verschlechterte sich dramatisch. Wir waren unten im Tal und ich hielt nach einem Plätzchen für die geplante Pause Ausschau. Hier lagen schon einige Teams, aber ich entdeckte eine zugeschneite Schneemobilspur, die vom Trail abzweigte. Dort parkte ich die Hunde und begann ihr Lager mit Isomatten einzurichten und sie zu füttern. Mein Plan war eigentlich mich für eine Stunde in den Schlafsack zu legen, aber ich war schon total nass und hatte keine Lust jetzt den Schlafsack auszupacken. Wenn später ein Notfall eintritt und die Sachen sind nass, ist das kein Witz. Also nahm ich von den Hunden eine Isomatte, setzte mich an den Schlitten und baute mir ein Minizelt aus einem großen Müllsack. Es macht doch Sinn, dass dieser zur Pflichtausrüstung gehört. Tatsächlich musste ich eingeschlafen sein und konnte mich nicht mehr an die Zeit erinnern wann ich hier angekommen war, waren es 1,5 Stunden oder 2? Es fehlte einfach der Handler! Schnell packte ich zusammen und los ging es in den Anstieg. Mittlerweile hatte es bestimmt 10 cm geschneit und weiterhin kamen dicke, nasse Flocken vom Himmel. Ich war total nass, aber kalt wurde es mir nicht! Dafür sorgten unglaublich steile und lange Anstiege. Jetzt musste ich erkennen, dass wir in den Bergen nicht so gut sind, vielleicht liegt es am Training oder an der Tatsache, dass im Team nur drei Rüden waren und die Hündinnen vielleicht einen Tick weniger ziehen in den Bergen, ausser Courtney natürlich. Ich hatte mir noch überlegt den Trailer, das Sitzteil vom Schlitten, in Jergul zu lassen mich aber wegen der kommenden Flussetappe dagegen entschieden. Ich verfluchte es jetzt. Man kann einfach nicht so richtig schieben und muss neben dem Schlitten herlaufen. Dann endlich oben, über der Baumgrenze, jetzt müsste ja das meiste geschafft sein. Haha…… das GPS lügt nicht, es waren immer noch 45 km und ich kann euch sagen, keine einfachen.

Die Sicht  ging immer nur genau bis zum nächsten Markierungsstab und man konnte absolut nicht abschätzen ob es noch weiter bergauf ging oder nicht. Aber alles ist irgendwann zu Ende und wir erreichten die Abfahrt nach Levajok, die ich übrigens aus früheren Jahren wieder erkannte, als es noch von Skogganvare nach Levajok ging. Dann easy am Fluss entlang bis zum Checkpoint. Das GPS zeigte nachher 1500 Höhenmeter auf dieser Etappe.

Nach dieser Monsterleistung der Hunde beschlossen Michi und ich die geplante Pause von fünf auf sechs Stunden zu verlängern. Das war auch notwendig, weil Jupp erst nach einer längeren Pause wieder zu fressen begann. Auch jetzt waren die Eier wieder der Hit!

Die Etappe nach Karasjok am Fluss entlang war einfach nur ein Traum! Es war Vollmond, es gab Nordlichter, es war nicht kalt, die Spur hart und die Hunde liefen wie bescheuert. Ich bremste die Hunde ordentlich herunter und hielt alle 15 km an um den Hunden Snacks zu geben, weil die Fressunlust noch immer unser größtes Problem war. Inga und Jupp nahmen jetzt fast jeden Snack -aber Blondie, Snoop und Courtney waren nun gar nicht mehr hungrig.  Große Lust hatten die Hunde stattdessen dazu andere Teams ‚zu fressen‘ und wir überholten einige Gespanne auf der Tour. Große Strecken konnte man ohne Stirnlampe fahren, was die Hunde  noch mehr in den Jagd Modus  versetzte.

Die Einfahrt nach Karasjok macht immer Spaß, entlang von Straßen, der Tankstelle, alles ist abgesperrt und markiert. Die Hunde genießen die Abwechslung und wissen der Checkpoint ist nicht mehr weit.

Ich versorgte die Hunde und bereitete dann gleich alles für die Abfahrt vor, zog neue Schlittenbeläge auf, entfernte jetzt endlich den Trailer und packte den Schlitten neu. Beim obligatorischen Vetcheck fiel auf, dass Pattie ein wenig Husten hatte. Ich erzählte der Tierärztin, dass sie im letzten Jahr in Valijok aus dem Rennen genommen wurde wegen Husten und wir den Verdacht hatten, dass sie allergisch auf das Stroh reagiert, das leider oft leicht schimmlig ist. Wir vereinbarten einen Re-Check vor der Abfahrt. Inga und Courtney hatten ziemlich abgenommen und ich versprach bei der nächsten Etappe wirklich oft anzuhalten und Snacks zu geben.

Nach den obligatorischen sechs Stunden Pause sahen die Hunde gut und munter aus und auch Patti bekam das o.k. für die letzte Etappe. Energisch und mit viel Druck im Gespann verließen wir den Checkpoint Karasjok und machten uns auf die letzten brutalen 130 km nach Alta. Es war schön morgens um sechs in den Tag hinein zu starten. Das Wetter war strahlend schön aber recht windig. Erst mal ging es einige Kilometer auf dem Fluss zurück Richtung Jergul, dann bogen wir ab, hoch in den Wald und dann steil bergauf über die Baumgrenze. Aber ohne Trailer konnte ich gut mitrennen und wir kamen zügig voran. Oben traf uns der Gegenwind mit voller Wucht und schon passierten wir das erste Team mit Leithundeproblemen. Ich versuchte das Team mitzuziehen, aber es funktionierte nicht, also weiter den Berg hinauf.

Die Spur war jetzt sehr langsam durch die Windverwehungen, dafür war die Aussicht grandios. Ich erkannte vieles wieder von den vorigen Jahren aber die Weite der Landschaft bei diesem herrlichen Wetter hatte ich so noch nicht erlebt! Wir kamen ganz gut vorwärts, ich versuchte möglichst viel mitzuarbeiten um den Hunden das Ziehen zu erleichtern. Der Wind pfiff weiterhin ordentlich und wir boten doch viel Luftwiederstand. Echt schade, dass beim 600er Finnmarkslauf keine Skistöcke erlaubt sind, das würde jetzt viel helfen.  Irgendwann erreichten wir die Mollisjok Fjellstue. Von dort aus ist es nicht mehr  weit zum berühmten Iesjavri See. Hier haben sich schon viele Dramen abgespielt: Hunde, die nicht mehr laufen wollten, sogenannte Parkingteams, Musher, die über viele Kilometer vor den Hunden herlaufen müssen. Die eintönige, lange Strecke demotiviert die Hunde und macht sie im Kopf müde. Aber zum Glück nicht Nena und Courtney, die auf dem See alles gaben. Unsere Taktik war, vor dem See snacken und danach auf dem See kein einziges Mal anhalten.  Die Taktik ging auf und ruck zuck waren wir über den See drüber gefahren.

Nach dem See gibt es noch ein paar Hügel zu überwinden, bis man zur Jokta Fjellstue abfährt. In diesen Hügeln gab es noch einen interessanten Zwischenfall. Uns kamen Skitourengeher mit einem Hund entgegen. Die sind ordentlich zur Seite gegangen als wir uns begegneten. Aber Courtney und Blondie haben sich voll über den Hund aufgeregt und wollten auf den losgehen. Konnten sie ja nicht, weil sie im Gespann waren, aber dreimal musste ich vor und die Hunde auf die Spur zurückführen. Sie brauchten wohl ein Ventil für ihre mentale Anstrengung. Schon enorm, was die Hunde zu leisten fähig sind. Ich spielte kurz mit dem Gedanken in Jotka eine kleine Pause einzulegen und dann gemütlich nach Alta zu cruisen, aber zum Glück konnte Michi mir das am Telefon ausreden. Er meinte, wenn die Hunde noch einen anderen Hund jagen können, sind sie bestimmt noch nicht zu müde. Und Recht hatte er.

Wir passierten problemlos den Checkpoint Jotka, die Tierärztin dort meinte unser Team sieht noch sehr gut aus und wir könnten sofort weiterfahren. Jetzt waren es nur noch ein paar kleine Anstiege und dann waren wir in der Abfahrt nach Alta. Ich war noch ein wenig angespannt ob wir wohl die Stelle, an der Michi im letzten Jahr pausierte, gut passierten. Und tatsächlich schauten sich hier die Hunde genau um. Wir hatten in dem Gebiet vor dem Rennen trainiert und Nena konnte sich sehr genau daran erinnern. Unglaublich, sie schaute immer in die Richtung des Trails, der zu diesem Parkplatz führte. Eine Aufregung war noch eine norwegische Schulklasse auf Langlaufski, alle Kinder wollten mich abschlagen, give me five…..

In Alta war es in der Zwischenzeit sehr warm gewesen und die Piste demenentsprechend eisig. Zügig eilten wir Richtung Ziel. Auf einmal tauchte ein Team vor uns auf und ich machte mich bereit dieses zu überholen. Aber als die Fahrerin uns entdeckte, beschleunigte sie wesentlich und ich sah ein, dass es sehr schwer werden würde zu überholen und beschloss die Hunde ihr Tempo normal weiterlaufen zu lassen. Ich wollte nicht noch auf den letzten Metern eine Verletzung riskieren, da ich ja davon ausging, dass bald die nächsten Gäste kommen und die Hunde fit sein sollten. Dann kam die Straßenüberquerung in Alta. An einem Hof entdeckten die Hunde eine Katze und gingen noch mal richtig ab, dann den steilen Berg hoch zur Nordlichtkathedrale und schon biegt man in die Zielgerade ab und fährt durchs Ziel. Ein ergreifender Moment. Michi hatte sich einen Clou überlegt und eine Packung Saitenwürste besorgt. Herrlich wie die Hunde die Würste verschlungen haben. Ich könnte mir das Video vom Zieleinlauf tausend Mal anschauen und finde es so toll wie stolz die Hunde durchs Ziel laufen.

Wie ihr wisst, wurden wir am nächsten Tag jäh von der Realität eingeholt, umso dankbarer sind wir, dass wir das Rennen noch zu Ende fahren konnten und die tollen Erlebnisse mitnehmen durften.

Ganz herzlich möchte ich mich bei allen bedanken, die mir dieses Wahnsinns-Erlebnis möglich gemacht haben: Michi für seinen super Handlerjob, Tanja und Matis, dass ihr euren Urlaub opfert und in Tjappsåive die Stellung haltet, euch super um die Hunde kümmert und die tollen Blogeinträge macht! Dann unseren Eltern und Peter und Kathrin, die auch immer zu uns halten, allen Gästen – ihr seid super, Eilert, Andrea, Thomas und allen anderen, die uns immer helfen.

Eure Heike, die auch in Corona-Zeiten bereits von neuen Abenteuern träumt!